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Seit vielen Jahren gelten die Agglomeratkorken des französischen Herstellers Diam Bouchage für viele Winzer als Versicherung gegen fehlerhafte Weine durch Korkton.
“Dank eines exklusiven patentierten Verfahrens zur ‘Entaromatisierung’ von Kork, sind die Korken ‘Diam’ und ‘Mytik Diam’ die einzigen Korkverschlüsse, die sensorisch vollkommen neutral sind”, verspricht der Hersteller und garantiert “die Bewahrung der Aromen des Weins während seiner gesamten Lagerzeit” sowie “einen durchgehend einwandfreien Genuss”. Dabei wird das Korkgranulat mit der "Diamant®process"-Technologie behandelt. Nach Firmenangaben nutzt sie “die Möglichkeiten des superkritischen CO2”, mit dem “die flüchtigen und schädlichen Substanzen extrahiert und damit die Risiken von TCA-‘Korkgeschmack’ eliminiert werden sollen”. Renommierte Betriebe wie beispielsweise die Champagner-Produzenten Mumm und Billecart Salmon, Louis Jadot aus dem Burgund, Hugel et Fils im Elsass und der renommierte französische Weinberater Michel Rolland verwenden und werben für Diam-Korken. Am Versprechen des Unternehmens hat der Weinhändler Rolf Cordes aus dem bayerischen Mühldorf aber Zweifel. Er behauptet, Diam-Korken würden einen “untypischen Bitterton” hervorrufen. Das habe er nach vielen Jahren in der Verkostung von Weinen aus ganz Europa herausgefunden. Zum Beleg seiner These hat er kürzlich eine eigene sensorische Untersuchung organisiert und will die Ergebnisse nun online veröffentlichen. Wein-Plus hat ihn zu seinen Vorwürfen, Erkenntnissen und Belegen befragt.

Wein-Plus:
Herr Cordes, sie sagen, die weltweit milliardenfach eingesetzten Agglomeratkorken des französischen Anbieters Diam Bouchage könnten den Geschmack der damit verschlossenen Weine negativ verändern. Wie kommen Sie darauf?
Rolf Cordes:
Bei der Verkostung von Rot-, Rosé- und Weißweinen aus unterschiedlichen Regionen und Rebsorten entdeckte ich geschmackliche Parallelen negativer Art. Ich machte mich auf die Suche nach dem Verursacher. Als einzige Gemeinsamkeit stellte sich bei allen Weinen der Verschluss heraus - der Diam-Kork.
Wein-Plus:
Könnten auch Korken aus ähnlichen Produktionsverfahren anderer Hersteller nach Ihren Beobachtungen betroffen sein?
Rolf Cordes:
Grundsätzlich gelten die herkömmlichen Agglomeratkorken als nicht sensorisch neutral. Dieses stelle ich unabhängig vom Hersteller immer wieder fest. Die sensorischen Veränderungen jener Korken sind aber anders und nicht so einheitlich wie bei den Diam-Korken.
Wein-Plus:
Welchen Fehler verursachen Ihrer Ansicht nach diese Korken? Wie lässt er sich beschreiben?
Rolf Cordes:
Den Fehlton bezeichne ich als einen “untypischen Bitterton”, kurz UTB. Er verursacht eine außergewöhnliche Trockenheit vorrangig im Rachen, Gaumenzäpfchen und der Speiseröhre. Diese Adstringenz hält länger an als bei den üblichen Tanninen, die sich vorrangig im Mundraum und Gaumen bemerkbar machen. Unter zunehmendem Lufteinfluss wird eine deutliche Disharmonie spürbar.
Wein-Plus:
Wann ist der Fehler für Sie zum ersten Mal bewusst aufgetreten? Bei welchen Weinen?
Rolf Cordes:
Das lässt sich nicht sagen. Es ist wie bei einem Puzzle. Da weiß man, wenn das Bild fertig ist, auch nicht mehr, mit welchem Teil man angefangen hat.
Wein-Plus:
Sie sind sicher, dass nur Diam-Korken betroffen sind?
Rolf Cordes:
Bis jetzt habe ich diesen Fehlton in dieser Art und Weise noch bei keinem anderen Presskorken festgestellt. Die Einzigartigkeit wurde mir auch von dem erfahrenen Binger Önologen Volker Schneider bestätigt. Er hat viele Jahre ein unabhängiges Weinanalyse-Labor betrieben.
Wein-Plus:
Sensorik ist subjektiv. Können Sie die Kontamination durch den Korken belegen?
Rolf Cordes:
Ja. Ich habe acht unterschiedliche Weine ausgewählt. Bei jedem Wein wurde die Hälfte seiner Menge mit einem Diam-Korken in Kontakt gebracht. Ich habe dabei zwei unterschiedliche Verfahren angewandt: Zum einen waren drei Weine in Flaschen abgefüllt, pro Sorte wurden zwei Flaschen mit Schraubverschluss und mit Diam verschlossen. Dazu haben wir fünf Weine, welche mit Schraubverschluss versehen waren, in fabrikneue 1,5l-Glasbehälter gefüllt. Je Wein gab es einen Glasbehälter ohne Korken und einen, der zwei Diamkorken enthielt. Die Weine in den Glasbehältern wurden mit Argon begast, um eine Oxidation zu verhindern. Die drei Flaschenweine der Gruppe 1 blieben 37 bis 94 Tage mit den Diam-Korken in Kontakt. Die fünf Weine der Gruppe 2 hatten eine Kontaktzeit von 32 bis 72 Stunden, also maximal drei Tage. Die Weine wurden anschließend in codierte 100ml-Flaschen abgefüllt und an die Prüfer versandt.
Wein-Plus:
Wer waren die Prüfer?
Rolf Cordes:
Das waren der Weinjournalist Jens Priewe, der Önologe Volker Schneider, der Winzermeister und DLG-Prüfer Lukas Schmidt, der Winzer und LWK-Prüfer Daniel Theisen, dazu Fachleute aus der Weinkontrolle, der Qualitätsweinprüfung und der Analytik sowie Winzer, Weinhändler und Endverbraucher.
Wein-Plus:
Was war das Ergebnis?
Rolf Cordes:
Die Test belegt, dass Diam-Korken sensorisch nicht neutral sind. Dabei ist es auf Grund des identischen Herstellungsverfahrens unerheblich, um welchen Diam-Typ es sich handelt.

 

Copyright: Rolf Cordes
Wein-Plus:
Wie hoch war die Erkennungsrate der beteiligten Tester?
Rolf Cordes:
Der Fehlton wurde bei sieben Weinen zwischen 81 und 100 Prozent und bei einem Wein zu 72 Prozent erkannt.
Wein-Plus:
Warum haben Sie sich für dieses Testverfahren entschieden? Haben Sie es alleine entwickelt?
Rolf Cordes:
Eine sensorische Prüfung entsprach genau meinen Erfordernissen. Es galt, die Wirkung auf den Wein nachzuweisen und nicht den verursachenden Stoff zu finden. Beraten wurde ich beim Versuchsaufbau von dem in der Forschung, Sensorik und Analytik sehr erfahrenen Önologen Volker Schneider.
Wein-Plus:
Einige Önologen sagen allerdings, der Versuchsaufbau würde wahrscheinlich jeden Wein mit einem Fehlton verändern - egal welchen Verschluss man einsetzt. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Rolf Cordes:
Es gab drei Weine, welche mit Diam verkorkt waren und fünf Weine, die in einem Glasbehälter mit einem Diam-Korken in Kontakt kamen. Das zweite Verfahren ist allgemein in der Forschung üblich, um den Übergang von Stoffen in eine Lösung zu kontrollieren, etwa bei der TCA -Prüfung von Naturkorken. Die Behauptung, dass jeder Verschluss einen Wein wahrscheinlich mit einem Fehlton verändern würde, ist sehr pauschal ausgedrückt und so nicht haltbar. Sollte aber ein anderer Verschluss einen Fehlton unter diesen Voraussetzungen hervorrufen, wäre er meiner Meinung nach genauso streng und sorgfältig zu prüfen, wie es in diesem Fall bei Diam geschah.
Wein-Plus:
Der Diam-Korken verspricht den völligen Ausschluss von TCA, also Korkton. Daher wird er weltweit seit vielen Jahren eingesetzt. Wieso ist der von Ihnen beobachtete Fehler bislang von keinem Winzer, Händler oder Önologen bemerkt worden?
Rolf Cordes:
Die Grundvoraussetzung, um auf diesen Fehlton zu stoßen, ist, ihn überhaupt zu erkennen. Vielleicht haben sie schon etwas Außergewöhnliches bemerkt, konnten es aber nicht dem Verschluss zuordnen. Wer nach TCA sucht, wird den UTB nicht finden. Bei der Prüfung ist es notwendig, etwas Wein zu schlucken, andernfalls werden die wesentlichen Bereiche im Mund nicht benetzt. Nachdem häufig der Vergleich zum nicht kontaminierten Wein fehlt, bleibt der Einfluss von Diam unentdeckt. Allgemein werden diese Empfindungen häufig der Säure, den Tanninen, der Rebsorte, dem Klima, dem Boden und dem Entwicklungsstadium zugeschrieben. Die sich entwickelnde Disharmonie bedarf einer kontinuierlichen Beobachtung, die bei Qualitätskontrollen und Weinevents aus Zeitgründen nicht möglich ist.
Wein-Plus:
Was wollen Sie mit Ihren Ergebnissen erreichen?
Rolf Cordes:
Das Risiko für Winzer und Händler soll reduziert werden. Fehlerhafte und disharmonische Weine sind nicht geschäftsfördernd, ganz im Gegenteil. Die Weintrinker, sprich die Kunden, haben ein Anrecht auf Weine, die nicht durch Verschlüsse beeinträchtigt sind. Ich bin der Meinung, dass der Hersteller Diam Bouchage dringend die Identifizierung und Beseitigung des verursachenden Stoffes in Angriff nehmen muss.
Wein-Plus:
Haben Sie mit Diam deswegen Kontakt aufgenommen?
Rolf Cordes:
Nein.
Wein-Plus:
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Rolf Cordes:
Jetzt heißt es, diese Ergebnisse möglichst vielen Winzern, Önologen und Händlern zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck habe ich sie in fünf Sprachen übersetzen lassen. Jeder Händler, Weintrinker kann die Test auf www.diam-test.info als PDF downloaden und an seine Winzer im In- und Ausland weiterleiten. Natürlich werde ich die Entwicklung im Bereich der Verschlüsse weiterhin beobachten.

 

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