Japanische Küche ist viel mehr als nur Sushi - und umso spannender sind die Wein-Variationen zu den Gerichten. Sommelier Christian Schuster vom Wiener Restaurant Shiki weiß, was dazu passt. Hier kommen seine Tipps.
Das Restaurant Shiki in Wien wurde 2015 vom Dirigenten und Geiger Joji Hattori gegründet. Der in Japan geborene und in Österreich aufgewachsene Hattori wollte damit „Klischeevorstellungen gegenüber der Küche meiner Heimat entgegentreten“. Bereits 2018 wurde das Shiki mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Damit wurden für ihn „jene Vorurteile widerlegt, die japanische Küche reduziere sich auf Sushi, Tempura und Nudelsuppen“. Das japanische Wort „shiki“ bedeutet übrigens neben „Vier Jahreszeiten“ auch „dirigieren“.
Sommelier Christian Schuster treibt eine „große Liebe zu Wein und Geschmacksvarianten“ an, wie er erzählt. Wegen der Vielfalt der japanischen Küche brauche er „komplett unterschiedliche Weine, denn es gibt kräftig-intensive, aber auch schlichte und leichte Gerichte“. Daher sei es schwierig, allgemeingültige Grundregeln für das Wein-Pairing aufzustellen. Sein Ziel ist es, die Komponenten auf dem Teller und im Glas optimal zu ergänzen. Der Wein soll das Gericht nicht übertönen, müsse aber auch nicht im Hintergrund stehen. Das sei eher bei Sake so, der seit jeher zu dem Zweck gebraut wurde, Speisen zu begleiten. Am liebsten sei ihm, wenn die Weine mit den Speisen spielen, sie auflockern oder einen Kontrapunkt setzen.
Aber es gäbe einige wichtige Pairing-Regeln für japanische Speisen, um die präzise Aromatik nicht mit Wein zu erdrücken. Weine im trockenen Spätlese-Stil sind für ihn meist zu wuchtig. Je würziger die Speise, um so höher dürfe die Restsüße im Wein sein. Je kräftiger das Gericht, umso alkoholreicher. Und zu fettreichen Speisen passten Weine mit höherer Säure besser. „Japanische Speisen zeichnen sich zwar durch hohe Präzision und Eleganz aus und werden verglichen mit anderen Länderküchen mit weniger Fett zubereitet, sind aber nicht absolut fettfrei“, erklärt Schuster, „für Tempura oder Wagyu-Beef braucht es daher eine entsprechende Säure, die dagegen hält.“ Umami sei hingegen kein Thema für ihn: „In Japan ist auch das Umami elegant. Zum Beispiel Dashi: Das ist leicht und intensiv zugleich. Und fast ohne Fett, was allerdings in Asien eine Ausnahme ist.“
Gibt es „No-Gos“, also Kombinationen, die man vermeiden sollte? „Ganz schwere Rotweine passen nicht”, betont der Sommelier, "aber am Ende muss es dem Gast schmecken. Und da tue ich mir mit den Klassikern aus Burgund oder Bordeaux manchmal leichter als mit dem, was ich selbst dazu trinken würde. Der Fokus unserer Weinkarte liegt auf Weißweinen aus Österreich, bei Rotweinen auf Blaufränkisch, sonst bei Burgund und Bordeaux.“ Die Weinkarte des Shiki umfasst rund 350 Positionen, einige Schätze gibt es auf Nachfrage beim Sommelier.
Wir probieren einen Teller Sushi, genauer: Nigiri. Da gibt es Jakobsmuschel, Amaebi (süße Garnele), Akami (Thunfisch) und Tamago (Eistich). Dazu empfiehlt Christian Schuster einen mittelkräftigen Rotgipfler vom Weingut Gebeshuber*** aus Österreich und einen Champagner von Leclaire-Thiefaine***. Die beiden Weine spielen ihre Stärken unterschiedlich aus, die für mich beste Kombination ist der Thunfisch mit dem Rotgipfler. Diese regionale Sortenspezialität zeigt die Textur der Kalkböden und exotische Aromatik, die vor allem an Mango erinnert.
Hat er eine Basis-Empfehlung zu Sushi – auch wenn man es sich mal liefern lässt? „Ein guter, durchaus etwas kräftigerer Grüner Veltliner passt zu sehr vielen Speisen. Oder ein Rotgipfler mit exotischer Frucht und feiner Mineralik. Oder auch ein Riesling. Auf jeden Fall braucht der Wein genug Körper, sollte aber nicht zu kräftig sein. Mit von Botrytis geprägten Weinen muss man also aufpassen. Guter Schaumwein geht dazu immer. Für Sushi würde ich etwas mit längerem Hefelager nehmen, also Reserve-Sekte oder Champagner, sonst leidet die Harmonie.“ Oft sind Sushi mit Wasabi gewürzt. Das bringt ein gewisses Element der Schärfe mit. Wie geht man damit am besten um? „Unser echtes, frisch geriebenes Wasabi hat zwar eine pikante Aromatik, aber das halten die empfohlenen Weine schon aus. Der Billig-Wasabi bekommt seine Schärfe ja durch billigen Senf, und das stört natürlich die Weine.“
Als nächster Gang kommt eine Nasu-Aubergine, die mit Miso überbacken ist. Dieses traditionelle Gericht findet sich in Europa auf den Karten vieler japanischer Restaurants. Im Shiki kommen auch Tomaten dazu, ähnlich einer italienischen Parmigiana. Der dazu kombinierte Traminer Profund bekam von Herbert Zillinger**** eine längere Maischestandzeit. Die Frucht und die Herbe des Weins spielen am Gaumen und strukturieren die Aubergine ausgezeichnet. „Natur- und Orange-Weine können speziell zur japanischen Küche sehr spannende und aufregende Varianten sein“, sagt Schuster.
Dann gibt es ein traditionelles Fischgericht: Black Cod mariniert mit Miso. International bekannt wurde es durch den Küchenchef Nobu Matsuhisa. Dazu bekommen wir einen Chorey-lès-Beaune, also einen Chardonnay aus dem Burgund ins Glas. Ein vielseitiger Wein-Klassiker, den das Restaurant selbst importiert und glasweise anbietet. Arbeitet Schuster auch mit anpassungsfähigen Rebsorten wie Pinot Blanc oder Chardonnay? „Die gehen immer und sind eine Rückversicherung für die Gäste und für mich. Ich persönlich finde zum Beispiel gereiften Welschriesling sehr spannend. Die schlanke Struktur und pikante Würze dieses Weines passt zu vielen Speisen. Mit gereift meine ich: sechs bis sieben Jahre.“
Zum Garnelen-Tempura schenkt er einen Riesling Ried Gaisberg vom Weingut Weixelbaum im Kamptal ein. Ein feinstrahliger, kompakter Wein mit dezenter Fruchtigkeit. Die mineralische Säure hebt den Tempura-Teig und die süßliche Garnele noch einmal hervor. Riesling passe auch sehr gut zu Jakobsmuscheln. Zu Gemüse-Tempura nimmt Schuster gerne Sancerre, weil das sehr vielfältige Weine seien.
Das Sukiyaki, also das hauchdünn geschnittene Rindfleisch, ist für den Sommelier durchaus eine Herausforderung, weil es mit Onsen-Ei, Gemüse und der kräftigen Mirin-Sauce sehr vielschichtig und auch süßlich gewürzt ist. „Da nehme ich lieber trockene Weine als restsüße. Gerne auch Rotweine. Die sollten dann ein Gegenspieler sein. Hier braucht es einen fruchtbetonten, etwas opulenteren Weinstil wie Barbera oder Merlot.“ Tatsächlich spielt der Barbera Oltre Torrente seine Stärke erst in Kombination mit dem Fleisch richtig aus.
Dieses Gericht zeigt vielleicht am besten die Philosophie von Christian Schuster: „Es kommt sehr stark auf die Begleitung, Würze und die Saucen an. Ich schaue mir zuerst an: Was ist die leichteste und was die kräftigste Komponente am Teller? Danach suche ich den Wein aus. Das erkläre ich den Gästen und führe sie dahin, wo ich denke, dass sie glücklich werden.“