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Penfolds Rotweinmonument Grange gilt seit über sechs Jahrzehnte als die führende Weinikone des Fünften Kontinents und wurde als bislang einziger Wein sogar in die Liste des geschützten Kulturerbes von Südaustralien aufgenommen. Seit 2002 ist Peter Gago als Weinmacher für dieses Gewächs verantwortlich.

Der gebürtige Engländer ist nach Max Schubert, dem legendären „Vater“ des Grange, Don Ditter und John Duval erst der vierte Chef Kellermeister bei Penfolds seit 1948. Frank Kämmer MS hat ihn zur Premiere des aktuellen Grange-Jahrgangs in Adelaide interviewt.

Mit einem Preis von 850 Aus$ ab Weingut (620 Euro in Deutschland) ist der 2012er der teuerste Grange bisher. Wird es auch der beste Grange bisher sein?

Ich würde das natürlich gerne mit Ja beantworten, aber schauen wir uns die Wettbewerber an: Da ist der 1953er, der 55er, der 62er und 63er, 71er und 76er – 2012 ist ein Anwärter für diese Riege, aber das kann letztlich nur die Zeit zeigen. Natürlich könnte ich hier jetzt sagen, der 12er Grange ist der beste, den wir je gemacht haben, er ist fantastisch, brillant, brillant, brillant... Aber ich wäre dabei nicht zu 100 Prozent akkurat. Alles was ich sagen kann, ist, dass er in dieser oberen Gruppe anzusiedeln ist. Aber nur die Zeit kann zeigen, ob er ganz oben in dieser oberen Gruppe ist oder in deren Mitte. Aber Grange ist letztlich immer irgendwo recht weit oben. Selbst 2011 und 2000, die schwierige Jahrgänge waren, so schwierig wie 1974, der die vielleicht größte Herausforderung in der Geschichte des Grange jemals war. Aber der 1974er heute, 42 Jahre später, ist immer noch ein schöner Wein – der kleinste Grange den wir in einem halben Jahrhundert gemacht haben!

Wissen Sie, James Halliday, der australische Weinautor, hat mal einen Artikel geschrieben über die schlechtesten Grange in jeder Dekade. Wir gaben ihm diese Weine zur Verkostung, ich glaube es waren der 2000er, der 1992er, 1984, 1974, 1969 und der 1959er. Und er schrieb in diesem Artikel, dass diese Weine heute wunderschön zu trinken seien. Natürlich stellt sich da die Frage: Wenn die schlechtesten Grange der jeweilige Dekade, inklusive eines Weins aus den 50er Jahren, immer noch so wunderschön trinkbar sind – wie schmecken dann erst die Guten?

Es ist einfach alles relativ. Ich kann nicht sagen, ob der 2012er der Beste sein wird, weil ich es tatsächlich nicht weiß. Ich weiß, dass er sehr, sehr gut ist, weit über dem Durchschnitt, er ist in dieser oberen Gruppe. Aber ist er ganz oben in dieser oberen Gruppe? Ich weiß es nicht.

2012 ist der zehnte Grange-Jahrgang, der unter Ihrer Führung abgefüllt wurde. Gibt es einen spezifischen „Peter Gago-Stil“, der sich von dem Ihrer Vorgänger abhebt?

Nein, nein, nein... Das heißt, ich möchte eigentlich Nein sagen, aber in manchen Aspekten ist es vielleicht so. Bei Penfolds sprechen wir immer vom Team, und das ist auch tatsächlich so und nicht nur so daher gesagt. Aber natürlich gab es einen Max Schubert, einen Don Ditter, und nun bin eben ich in der Verantwortung. Wir arbeiten im Team, aber letztlich kannst du keinen großen Wein im Komitee machen. Wenn man bei Krug in der Champagne die Assemblage zusammenstellt, dann ist es nicht nur Olivier Krug. Er wird den einen oder anderen Kellermeister dazu holen, vielleicht auch seinen Onkel Remi, aber irgendwann muss jemand die Entscheidung treffen, links oder rechts. Unser Team ist eine wunderbare Sache. Es gibt keine Flasche bei Penfolds, auf der meine Unterschrift wäre, so etwas machen wir nicht. Der Weg von Penfolds war immer echtes Teamwork. Nichtsdestotrotz denke ich, dass ich in meiner Zeit seit 2002 den Grange nochmal etwas weitergebracht habe in Bezug auf Ausgeglichenheit, auf Schliff, in Bezug auf Lebendigkeit und weniger Aggressivität beim Tannin. Wir wollen nicht Tannin um des Tannins willen, wir wollen nicht neues Holz um dessen selbst willen. Balance ist mein einziges Werkzeug beim Weinmachen. Wenn du die Balance richtig machst, wird auch alles andere richtig. Vor ein paar Jahren hatten wir Stefano di Blasi hier, den jungen Weinmacher vor Antinori. Er wollte von uns ein bisschen was über Shiraz lernen, wir wollten von ihm ein bisschen was über Sangiovese lernen. Von ihm stammt ein gutes Zitat: „Bekomme die Struktur richtig hin, dann folgt das Aroma von allein.“

Und damit zurück zur Ausgangsfrage. Beim Vinifikationsstil des Grange dreht sich heute alles um sorgfältiges Beachten aller Details. Es gibt dabei keinen Geheimtrick für einen großen Grange. Es geht nur um Verfeinerung, es geht immer nur um Verfeinerung.

“Cool Climate” Weine sind gerade besonders trendy. Aber Grange ist ohne Zweifel ein „Warm Climate“ Weine. Habe Sie keine Angst, dass er eines Tages aus der Mode geraten könnte?

Ich denke nicht, dass er jemals aus der Mode kommen wird. Es ist sind viel mehr große, langjährige Zyklen, über die wir reden. Man sieht das gut bei einem anderen Wein von uns, dem St. Henri, der über die Dekaden hinweg mal mehr und mal weniger in Mode war. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass die Topweine von Penfolds nicht nur aus Grange bestehen, und jeder seinen eigenen Stil hat. Grange war als Erster da, aber dann kam St. Henri in den 50er Jahren dazu, Bin 28 in 1959, Bin 389 in 1960, Bin 128 in 1962, Bin 707 in 1964, Koonunga Hill in 1976. Wir haben also mit unserem Flaggschiff angefangen und dann die anderen folgen lassen. Es war eine Vorgehensweise von oben nach unten. Wissen Sie, viele Weingüter machen ihre Weine und mit der Zeit setzen sie dann ein Flaggschiff oben drauf. Und recht oft nehmen sie für dieses dann das Herzstück aus den bisherigen Weinen heraus. Wir haben das nie gemacht, weil Grange als Erster kam.

Wissen Sie wie viele Premierminister Australien seit dem 2. Weltkrieg hatte?

Ich müsste nachzählen...

...es waren 16. Aber es gab nur vier Penfolds Chief Winemaker seit 1948. Offensichtlich verlangt dieser Job eine besondere Hingabe...

....und Sucht! (lacht). Manche Leute sagen: „Was sind die wichtigsten Eigenschaften für einen Weinmacher? Strapazierfähigkeit und Beharrlichkeit!“. OK, auch Geschmackssinn kommt noch dazu...

Sehen Sie, morgen früh muss ich um 4:00 Uhr aufstehen und nach New York fliegen. Und dort angekommen habe ich meinen ersten Termin um 8:00 Uhr morgens und dann den ganzen Tag bis Mitternacht, es stehen zwei Seminare an, ein Presse-Lunch, ein Presse-Dinner... das ist nicht Weinmachen, und doch ist es auch eine Aufgabe für den Weinmacher. Aber auch das tatsächliche Weinmachen findet sieben Tage die Woche statt, manchmal mit 12 Stunden, manchmal mit 14 Stunden Arbeitszeit. Du kannst nicht behaupten, dass das wirklich Spaß macht. Aber auf der anderen Seite ist da unser Team von Weinmachern – und da bin ich noch einer der Jüngeren, ich bin erst 28 Jahrgänge hier –, da ist Steve Lienert: 38 Jahrgänge für Penfolds, Kim Schroeter 30 Jahrgänge, Andrew Baldwin 31 Jahrgänge, John Bird 56 Jahrgänge! Das ist eine Loyalität, die man nicht kaufen kann, aber die typisch ist für Penfolds.

Als Sie 2002 den Posten des Chief Winemakers von John Duval übernahmen, wie groß war da Ihre Angst, dass Sie womöglich nicht die riesigen Fußstapfen ausfüllen können, die Ihr Vorgänger hinterlassen hat?

Ich hatte fast gar keine Angst. Und ich meine das nicht überheblich oder arrogant. Es war dieses wunderbare Penfolds-Weinmacherteam, das es mir leicht machte. Aber natürlich war ich überrascht, ich dachte nie daran, dass John Duval aufhören könnte. Penfolds Chief Winemaker machen den Job normalerweise bis zum Lebensende, John war der erste, der gegangen ist! Selbst Max Schubert hatte hier noch ein Büro bis zu seinem Tod in 1994.

Sie sind in Newcastle, England, geboren. Nicht wirklich eine der Weinkapitale der Welt...

Ja, der industrielle Norden von England! Meine Familie ist 1963 nach Australien ausgewandert, ich war fünfeinhalb. Der Grund dafür war folgender. Mein Vater war nach dem Zweiten Weltkrieg in der Britischen Armee und war in Gibraltar stationiert. Er fand dort Gefallen am Leben in einem warmen Klima, man konnte nachts am Strand schlafen und all solche Dinge. Er kam nach Hause zurück ins kalte Nordengland und sagte, kommt, lasst uns irgendwo hinziehen wo es wärmer ist. Das war der einzige Grund, warum wir nach Australien gegangen sind. Irgendwohin, wo es wärmer ist! Er kannte keine einzige Seele in Australien.

Sie begannen Ihre Berufslaufbahn als zunächst Lehrer. Was brachte Sie dann dazu in die Weinwelt zu wechseln?

Es war ein Prozess, den ich immer als den „Grip of the Grape“ bezeichne. Es begann mit Interesse für den Wein, wurde zum Hobby, dann zur Sammelleidenschaft, dann ein kurzer Kurs in Weinmachen, während ich noch als Lehrer tätig war, dann ein bisschen Weinmachen nebenher, dann ein Universitätsabschluss in Oenologie – und dann drehte ich mich um und dachte: upps, wie konnte das alles geschehen?

Sie sind nicht nur als Penfolds Chief Winemaker bekannt, sondern auch als wichtiger Botschafter des Weinguts, und Sie sind häufig rund um die Welt auf Reisen. Wieviel Tage sind Sie pro Jahr weg von zuhause?

Das kommt auf das Jahr an, in manchen Jahren gibt es besonders viel Messen, beispielsweise die Vinexpo. Da bin ich die Hälfte meiner Zeit unterwegs, manchmal aber auch nur ein Drittel. Das ist schon viel, aber ich tue es ja meist in großen Touren. Egal wo ich auf der Welt hinreise, es ist ja immer eine sehr weite Tour. Von London nach New York zu fliegen ist ja keine große Sache, siebeneinhalb, acht Stunden. Ich aber stehe hier morgen um 4:00 früh auf um den 6-Uhr Flieger nach Melbourne zu erreichen, dort zwei Stunden Aufenthalt, dann geht‘s weiter mit einem 13 1⁄2 Stundenflug nach L.A., dort drei Stunden Aufenthalt, dann gegen die Zeitzonen weiter nach New York. Ich mache das oft. Einmal musste ich nach New York für eine Sechs-Minuten-Rede!

Angesichts dieser intensiven Reisetätigkeit ist es schwer zu glauben, dass Sie auch noch ein richtiger Weinmacher sind. Wann kamen Sie das letzte Mal aus dem Keller mit vom Rotwein verfärbten Händen durch die der Arbeit an den Fässern?

Während der Lese immer! Manchmal habe ich dann abends noch ein Dinner und muss versuchen mit Zitronensaft die Finger sauber zu bekommen. Das geht bis etwa Mai, dann bin ich hauptsächlich mit Verkosten beschäftigt. Aber wenn wir unsere Klassifikationsverkostungen machen, habe ich manchmal sogar noch mehr Rotweinflecken an den Händen, als wenn ich mit der Vinifikation beschäftigt bin. Unsere Ernte geht üblicherweise von Ende Januar bis Ende April, während dieser Zeit findet das eigentliche Weinmachen statt. Aber gerade beim Rotwein hört das Weinmachen da ja nicht auf. Cuvetieren, Abziehen, Abfüllen... In unserem Barriquekeller mit einer Grundfläche von mehr als zwei Hektar ist immer was zu tun, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

Kurze Frage, kurze Antwort. Ihr größter Erfolg?

Überleben.

Ihre größte Niederlage?

Ähhhhh..., älter werden.

Wagner oder Mozart?

Mozart.

William Shakespeare oder Samuel Beckett?

Shakespeare.

Fußball oder Cricket?

Hhhm, wahrscheinlich Fußball.

Riesling oder Chardonnay?

(überlegt lange...) Von der puristischen Perspektive: Riesling. Vom Emotionalen her: Chardonnay. ...aber nein, ich muss sagen: Riesling.

Burgund oder Bordeaux?

Wissen Sie, ich habe mehr Bordeaux als Burgunder im Keller, aber das hat verschiedene Gründe. Bordeaux kaufen ist recht anschaulich – für was du bezahlst, das bekommst du auch. Burgunder sind Russisches Roulette: Wenn sie großartig sind, sind sie überirdisch, aber sie können auch ziemlich gewöhnlich sein. Aber eigentlich habe keine Antwort auf diese Frage.

Gewähren Sie uns einen kurzen Blick in Ihren privaten Weinkeller? Was liegt da drin?

Alles! Und das war schon immer so. In meinem Keller liegen viele französische Weine, von überall. Nicht nur Bordeaux, nicht nur Burgund, nicht nur Rhone, sondern von überall her. Auch viele deutsche Rieslinge, nicht ganz so viele österreichische Rieslinge, einige Grüne Veltliner. Nicht viele Weine aus Amerika, aber doch einige. Es ist wie bei meinem Musikgeschmack, ich bin sehr vielseitig.

Wen man Ihnen eine einzige Flasche zu Weihnachten schenken wollte - welche würde Sie wirklich glücklich machen?

Eine Imperial-Flasche Le Pin! (lacht). Oder ein Burgunder der Domaine de Romanée-Conti, oder einen der Montrachets. Aber eigentlich habe ich keinen Lieblingswein, ich habe nicht mal ein Lieblingschampagner, und ich bin ein großer Champagner-Liebhaber. 

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