Die Bedeutung der Sorte nimmt ab, obwohl die Weine immer noch besser werden: Noch nie gab es so viel guten Silvaner wie heute - und das in allen Preisklassen.
Die schlechte Nachricht vorweg: Die Bedeutung des Silvaners nimmt stetig ab. Im weltweiten Rebsorten-Ranking ist die Sorte unter den Top 100 nicht mehr zu finden. Außer in Franken, wo die Anbaufläche stabil bleibt, geht sie fast überall zurück.
Das ist umso bedauerlicher, als die Qualität in den vergangenen Jahren vor allem in Deutschland stetig zugelegt hat. Und das nicht nur in Franken, wo noch immer ein Viertel der Rebflächen mit Silvaner bestockt sind, und er weiter als identitätsstiftende Sorte gilt. In Rheinhessen etwa scheinen einerseits die vielen Versuche, dem Silvaner-Image wieder auf die Beine zu helfen, nur wenig zu fruchten, andererseits entstehen dort aus der Sorte immer mehr herrliche Weine - nur eben weitgehend an der Weininteressierten Öffentlichkeit vorbei. Die Riesling-Freaks trinken eben Riesling – und die anderen Grauburgunder.
Wir in der Verkostungsredaktion hingegen wollen uns eine Weinwelt ohne Silvaner ungern vorstellen. Weil er so einzigartig ist, weil er so einen vielseitigen Essensbegleiter abgibt – und nicht zuletzt wegen seines feinen Charakters. Ein leider schon verstorbener Spitzenwinzer vom Kaiserstuhl, einer fast vergessenen Silvaner-Heimat, sagte einmal sinngemäß: “Wenn Du Streit willst, nimm Riesling, willst Du Dich versöhnen, trink Silvaner!”
Auch im Weinberg hat der Silvaner seinen eigenen Kopf. Die Qualität eines Jahrgangs in Deutschland orientiert sich in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem daran, wie gut der Riesling geworden ist. Dabei fallen gerade für jenen eher schwierige Jahrgänge - wie jüngst 2022 - für den Silvaner immer wieder besonders gut aus. Doch auch mit 2023 können die Winzer sehr zufrieden sein.
Der aktuelle Qualitätssschub liegt aber auch an den Produzenten, denen es heute gelingt, die Feinheiten der Sorte zu betonen und ihren gelegentlichen Hang zur Schwere zu bremsen. Zu alkoholmächtige Silvaner, früher vor allem in warmen Jahren die Regel, findet man heute bei den guten Erzeugern kaum mehr. Dafür steigt Jahr für Jahr die Zahl der noblen, geschliffenen und feinen, dennoch tiefgründigen und vielschichtigen Weine.
Man ist übrigens gut beraten, bei Silvaner-Wahl nicht nur die qualitative Spitze im Blick zu haben. Von nur wenigen Rebsorten probieren wir heute so viele animierende, elegante Alltagsweine wie vom Silvaner. Schon die Ortsweine bieten für kleines Geld oft eine Klasse, die man woanders lange suchen muss.