Angebrochener Schaumwein lässt sich nur schlecht aufbewahren. Gegen Verlusterlebnisse gibt’s Verschlüsse von fünf bis über 400 Euro. Matthias Stelzig hat 21 Modelle getestet. Welche empfehlenswert sind, lesen Sie hier.
Über 200 verschiedene Verschlüsse für offene Sektflaschen lassen sich auf Shopping-Plattformen wie amazon.com finden. Bei näherem Hinsehen tun aber fast alle nichts anderes, als den Flaschenhals abzudichten, um die Kohlensäure – mehr oder weniger – drinnen zu halten. Doch es gibt auch ein paar Ausnahmen. Insgesamt haben wir 21 Verschlüsse den Test durchlaufen lassen. Und um es vorwegzunehmen: Nur wenige Hersteller geben sich wirklich Mühe – und das gilt auch für bekannte Marken.
Um als erstes herauszufinden, ob die Verschlüsse sicher auf den Überdruck reagieren, haben wir sie auf halbvolle Flaschen mit zimmerwarmem Schaumwein gesetzt. Einmal richtig durchgeschüttelt, und schon flogen sechs Modelle vom Flaschenhals und waren damit aus dem Rennen. Unser Tipp: Testen Sie das nicht zu Hause! Auch das Material einiger Verschlüsse war untauglich: Billige Bleche bogen sich, Plastik knackte, Gummidichtungen leckten.
Nach bestandener Vorauswahl absolvierten die übrigen 15 Verschlüsse drei Testzyklen mit einem Drittel bis halb gefüllten Flaschen. Wir verschlossen damit die Flaschen für zwei, drei, fünf und sieben Tage. Um realistische Bedingungen zu schaffen, hatten wir die Flaschen, alle Cava Gran Reservas, gekühlt, geöffnet und zwei Stunden im Zimmer stehen lassen. Zu noch einem Drittel gefüllt, haben wir sie mit den Testkandidaten verschlossen und in den Kühlschrank mit rund acht Grad gestellt. Danach folgte der Test: Wie haben sich Druck, Perlage und Aromen in den definierten Zeitabschnitten entwickelt?
Zwei Tage schafften alle Kandidaten problemlos, drei Tage nicht alle, und nach fünf Tagen war Schluss: Wenig Druck, kaum noch Perlage, oxidierte Aromen. Drei Tage im Kühlschrank sind ohne speziellen Verschluss normalerweise der leise Tod einer Schaumweinflasche. Daher war Genuss nach dieser Zeit für uns die Mindestvoraussetzung, um zu bestehen. Von den 21 getesteten Verschlüssen blieben aber am Ende nur vier klassische Stopfen sowie die beiden Verschluss-Systeme Zzysh und Coravin. Sie setzen geöffnete Flaschen nach dem Öffnen mit CO2 neu unter Druck. Hier kommen die Besten unseres Tests:
Den fein gerippten Line-Verschluss gibt es in Alu-Silber und Alu-Grau. Das sieht edel aus und liegt leichter in der Hand als erwartet. Eine arretierbare Auf-Zu-Verstellung weckt Vertrauen. Das wird auch nach drei Tagen nicht enttäuscht: Die Flasche ploppt mit kräftigem Druck und tadelloser Perlage auf. Auch die Aromen sind im Großen und Ganzen noch vorhanden. Sie waren maximal ein wenig matter; ein paar fein-florale Noten haben wir vermisst. Nach vier Tagen und länger lässt der Wein aber merklich nach und verliert Perlage. Für den nicht zu anspruchsvollen Aperitif oder zum kleinen Menü reicht es aber noch.
Genau richtig für Gelegenheitstrinker mit ästhetischem Anspruch, die ihren Schaumwein nicht zu lange aufbewahren.
Listenpreis: 24,90 Euro
Der Kloveo ist “made in Italy” und wirkt zunächst erschreckend billig: Die Blechhalterung ist mit 1,5 Millimetern Materialstärke genauso dünn und biegsam wie jedes beliebige Werbegeschenk. Doch den Verschluss soll ein Patent unterscheiden: Der Erfinder Walter Fortunato hat eine Konstruktion entwickelt, die sich je dichter in den Flaschenhals quetschen soll, umso größer der Druck von unten auf sie wirkt. Der Hersteller garantiert sechs Bar Druck, dazu eine 90-Tage Geld-zurück-Garantie und die grundehrliche Aussage: drei bis fünf Tage sind das Maximum – nicht zwei Wochen, mit denen andere Anbieter vollmundig werben.
Bei uns thronte der Verschluss für unter 2o Euro auf einer Flasche des reinsortigen 2011 Xarel∙lo-Gran Reserva „X10“ von Canals & Munné. Ein teurer, aber sehr guter Cava. Neben Druck und Kohlensäure hat der Kloveo das komplexe Aromenspektrum drei Tage lang perfekt konserviert, ebenso die herben Nuancen der Rebsorte und die feinen Reife-Nuancen. Fabelhaft! Danach setzte, wie bei den anderen Verschlüssen üblicher Konstruktion, der Verfall ein.
Genau richtig für preisbewusste Schaumwein-Vieltrinker.
Listenpreis: 19,00 Euro
Ein steinerner Sektkorken auf einem schwarzen Marmorsockel ist optisch ein Statement. Doch vor uns steht keines der schmeichelhaft glatt polierten Natursteinobjekte, sondern laut dem französischen Hersteller Atelier du Vin „eine Hommage an die Einzigartigkeit, die die funkelnde Seele des Schaumweins bewahrt“. Schön gesagt. Doch jetzt müssen Fakten folgen. Mit der Silikondichtung lässt sich der schwarze Verschluss-Stein richtig schön fest im Flaschenhals verankern. Nach drei Tagen knallt die Flasche sogar noch ein wenig. Der feine Cava hat so gut wie nichts von seiner Finesse verloren. Vielleicht ist er einen Touch oxidierter, aber man kann sogar urteilen, dass ihm das gut getan hat. Doch auch der Pariser Nobel-Hersteller empfiehlt, was unser Test bestätigt: drei Tage aufbewahren, mehr nicht.
Genau richtig für Ästheten und Haptiker, denen ihr edler Schaumwein zu schade für einen Blechdeckel ist.
Listenpreis: 135,00 Euro
Was hat dieser Plastikverschluss mit Mao Tse-tung zu tun? Wir wissen es nicht. Über solche offensichtlich KI-generierten Markennamen verlieren wir normalerweise kein Wort, weil sie meist genauso schnell wieder verschwinden wie einst die Gegner des Großen Vorsitzenden.
Doch wenn man das kleine Plastikkäppchen des MaoTrade dreht, drückt sich eine „mit Kieselgel in Lebensmittelqualität“ gefüllte Silikondichtung an das Glas. Überraschenderweise gab es dabei nach drei Tagen kaum Verluste. Danach geht’s, wie bei den anderen Kandidaten, schnell abwärts mit dem Druck. Wir haben vier Exemplare die ganze Testroutine durchlaufen lassen, um einen Zufallstreffer möglichst auszuschließen. Ein Sieg zum sozialistischen Einheitspreis.
Genau richtig für Leute, die so einen Verschluss einfach in der Schublade liegen haben wollen, weil sie ihn gelegentlich mal brauchen.
Preis: 10,99 Euro (Paket mit vier Verschlüssen)
Der Coravin ist weit mehr als ein schlichter Schaumwein-Stöpsel. Durch einen druckdichten Verschluss pumpt das Gerät kontrolliert CO2 in die Flasche. Damit ist der Verlust an Perlage schon mal ausgeschlossen. Nach drei Tagen liefert er erwartungsgemäß eine Qualität von hundert Prozent. Doch der Test ist noch nicht zu Ende: Eine etwa ein Drittel volle Flasche „Gran Vintage 2015“ von Pere Ventura wartet sieben Tage in der Kühlschranktür auf ihren zweiten Einsatz. Der Kohlensäuredruck ist voll da. Der Wein ist nicht mehr zu hundert Prozent in Topform, aber auch nicht sehr weit weg davon. Das ist absolute Spitze. So wie allerdings auch der Preis.
Genau richtig für Fans von feinstem Schaumwein, die ihre Flasche einfach nie leer bekommen.
Listenpreis: 449,99 Euro
Zzysh ist wie der kleine Bruder des Coravin. Der Schweizer Erfinder Manfred Jüni fiel damit in der deutschen TV-Show „Die Höhle der Löwen“ auf. Das Gerät hat aber trotz bester Sendezeit im TV nie eine große Popularität erreicht. Beim Zzysh ist alles etwas einfacher als der Coravin, funktioniert aber ebenso mit der Zugabe von CO2: Er besteht aus einem Plastik-Bügelverschluss mit Ventil. Das nimmt den Kartuschenhalter auf und das CO2 strömt daraus ohne Abriegelung in die Flasche. Der Drei-Tage-Test ist für ihn keine Hürde - Druck und Qualität des Test-Cavas sind auf höchstem Niveau. Nach fünf Tagen treten aber erste Schwächen zutage. Mit einer Woche im Kühlschrank ist der Zzysh aber, wie die anderen Verschlüsse, überfordert. Der Cava schmeckt nicht mehr. Dafür gibt’s den Zzysh zum erschwinglichen Preis.
Genau richtig für Schaumwein-Fans, die öfter mal einen Rest auch über ein paar Tage retten wollen.
Preis: um 80,00 Euro
Unter den vielen angebotenen Verschlüssen haben wir nur wenige Perlen gefunden. Den stylischen Peugeot, das Arbeitstier Kloveo, den extrem günstigen MaoTrade und den edlen Schmeichler von L‘Atelier du Vin. Drei Tage fast ohne Qualitätsverlust sind von ihnen zu erwarten, nach fünf Tagen ist Schluss. In der Profi-Liga spielen nur zwei Systeme, bei denen CO2 vorm Verschließen in die Flasche nachgefüllt wird. Der Zzysh macht dabei einen guten Job zum günstigen Preis. Der Coravin ist hier Spitze in jeder Hinsicht. Doch auch den feinsten Gerätschaften vertrauen wir nicht länger als eine Woche. Und noch ein Tipp: Die angebrochene Flasche nicht in der Kühlschranktür lagern. Denn jedes Öffnen und Schließen erzeugt eine Bewegung des Schaumweins, mit der sich die Perlage reduziert.