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Comtesse la Lande 1988Gestern wollte ich mir etwas besonders Gutes gönnen und öffnete eine Flasche, die ich eigentlich für eine Degustation (Vergleich; Comtesse-Baron) weggestellt hatte. Der Vergleich – angeregt von Weinfreund Artur – ist bis heute nicht zustande gekommen. Die Idee entstand nach einem Disput um die Vorzüge der beiden Pichon-Longueville Güter: Wer hat die Nase vorn, der Baron oder die Comtesse? Ich vermute, da wird auch eine Vertikalverkostung keine grundsätzliche Klärung bringen. Es wird vor allem eine Stilfrage sein: was bevorzugt der Bordeaux-Trinker, den eher straffen, prägnanten, konzentrierten Baron oder die eher weichere, etwas differenzierte, aber auch diffusere Comtesse?

Die beiden Weingüter waren bis Mitte 19. Jahrhundert vereint, dann begann – wie so oft: durch Erbteilung  – die friedliche Konkurrenz der beiden Châteaux, die den Rang eines Deuxième grand cru classé haben. Vor bald zwanzig Jahren wurde Pichon Baron an den Versicherungskonzern AXA verkauft, während die „Generalin“ von Pichon Lalande, Eliane de Lencquesaing, ihre Mehrheitsaktien 2007 an das Champagnerhaus Roederer verkauft hat. Baron wurde von AXA mit grossen Investitionen zum eigentlichen Prestige-Gut aufgebaut, während es um die Comtesse eher ruhig geworden ist. Doch die letzten Jahrgänge können sich sehen, beziehungsweise trinken lassen.Pichon Longueville La Lande. 2

Der 1988er entstand aber noch vor der rasanten Entwicklung, welche die Weingüter in den letzten gut zehn Jahren erfasst hat. Es ist ein klassischer Bordeaux, der sich langsam von der Kriese der 70er und beginnenden 80er Jahren erholt. Die Pichon-Weine haben – für das Linke Gironde-Ufer eigentlich untypisch – einen verhältnismässig hohen Merlot-Anteil (meist über 30%) und sind daher – zumindest sie waren es früher – ziemlich abhängig von den Wetterbedingungen. Der Merlot ist frühreif und auch anfällig für Mehltau. Wenn die Witterung nicht stimmt und zum Beispiel den den späteren Cabernet begünstigt, dann hatte Pichon Lalande Mühe. Dies war offensichtlich der Fall im Jahr 1988.

Der grosse Namen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Wein weit unter den Möglichkeiten des Châteaux liegt. Er hat jedenfalls die 25 Lagerjahre nicht gut überstanden. Zwar ist er noch gut trinkbar, etwas dünn und gezerrt in den Tanninen, diffus selbst im kleinen Rest an Frucht, er hat ein offenes aber entleertes Bukett und wenig Würze. Einer der schwächsten Pichon Comtesse, die ich je getrunken habe.

Es wurde also wenig aus dem „Mir-zu-liebe tun“! Da hilft auch nichts, dass Parker den Wein ursprünglich mit 90 Punkten bedachte und auch nicht, dass eine Flasche heute zu rund 100 Euro gehandelt wird. René Gabriel meint da etwas sarkastisch: „Ein Hoch auf die Etikettentrinker“.

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