Man will nicht wahrhaben, dass es ausserhalb von Margaux, St-Julien, Pauillac und St-Estèphe auch Wein gibt, auch guten. Selbst mit dem Status Cru Bourgeois lässt sich bestenfalls im Genussbereich, nicht aber in der oberen Liga einen Namen machen. La Becade ist ein Cru Bourgeois aus den Rebsorten Cabernet Sauvignon (ca. 60%) und Merlot (40%), also klassisch für das Médoc. Parker hat ihn einmal erwähnt 1994 (mit 74-76 Punkten), Gabriel nimmt ihn nicht zur Kenntnis und Hachette erwähnt nur „Haut de la Bécade“, das bereits in der Appellation Pauillac liegt.
Soll ich nun antreten, um für ihn eine Lanze zu brechen? Nein, sicher nicht, dafür ist der Wein doch nicht gut genug. Es ist – zumindest dieser Jahrgang – ein durchaus akzeptabler „kleiner Bordeaux“, der vieles von dem hat, was den guten Bordeaux auszeichnet; fruchtige Noten, gut eingebundene Tannine, weiche Struktur, am Gaumen etwas Druck und eine akzeptable Länge. Doch aufregend ist er nicht, der Wein. Mir fehlt vor allem die Persönlichkeit. Er tendiert zur Austauschbarkeit, zum schönen Begleiter des Essens.
In Discountern taucht er ab und zu auf, auch die Chinesen haben ihn bereits entdeckt und in den Restaurants kommt er öfters auf den Tisch. Ein Gastrowein? Durchaus, sogar etwas mehr. Ein seriöser Cru Bourgeois, der (leider) ab und zu allzu „dünn“ gerät. Dieser 96er beweist aber, dass er durchaus auch lagerfähig sein kann (wohl bei guten Jahrgängen). Doch über diesen Wein spricht kaum jemand, gerade darum erzähle ich davon.