Die Sorte wird gern als der Pinot Noir Österreichs bezeichnet, doch so ähnlich wie oft kolportiert sind sich die beiden Sorten gar nicht. Blaufränkisch tendiert zu dunklen, oft mit Brombeeren assoziierten Fruchtaromen, präsenten, meist herben Tanninen, merklichem Säurebiss und ebenfalls dunkler, feinbitterer, häufig etwas ätherischer, an Pfeffer und Wacholder erinnernder Würze. Blaufränkisch hat etwas Herausforderndes; Charme ist daher, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht die erste Eigenschaft, die einem einfallen würde.
Lange Zeit wirkte man der natürlichen Kühle und Herbheit des Blaufränkisch entgegen, indem man seine Trauben besonders reif erntete und den daraus gewonnenen, oft alkoholmächtigen und beinahe dickflüssigen Weinen eine intensive Behandlung mit neuen kleinen Holzfässern angedeihen ließ. Der Stil ist heute noch verbreitet und erfreut sich einer treuen Anhängerschaft. Er funktioniert ja auch, weil Säure und Tannine des Blaufränkisch auch den mächtigen Exemplaren noch Rückgrat und gewisse Frische zu verleihen vermögen - zumindest, wenn man es nicht völlig übertreibt. Dennoch gehen bei all der marmeladig-saftigen Frucht und der gewürzigen, oft an Nelken erinnernden und röstigen, bisweilen auch bitterlich-rußigen Holzaromatik, die man hier so oft antrifft, zwei Dinge fast zwangsläufig verloren, auf die heute mehr und mehr Wert gelegt wird: Eleganz und Herkunftscharakter.
Der Trend geht deshalb inzwischen in eine ganz andere Richtung. Zwar gab es schon immer einige Spitzenerzeuger, die sich einem authentischen, eher feinen als wuchtigen Stil verschrieben haben. So mancher junge Betrieb hat sie sich ohnehin zum Vorbild gemacht, aber in den letzten Jahren sind selbst einige ehemalige Vorreiter der Holz- und Hochreife-Fraktion umgeschwenkt. Dabei gehen die Veränderungen von behutsam bis radikal; die Übergänge sind fließend. Während die einen weiter auf Kraft und viel neues Holz setzen, aber zu hohe Reife vermeiden und auch sonst alles tun, um Frische und Präzision der Frucht zu erhalten, sind die Weine woanders deutlich schlanker und weisen überhaupt keinen prominenten Holzgeschmack mehr auf. Auch in dieser Fraktion sind die stilistischen Unterschiede oft enorm: Hier besonders knackige schwarze Frucht, reichlich Säurebiss und kerniges Tannin, dort - etwas seltener und eher im Carnuntum zu finden - wesentlich mehr rotbeerige Anteile, seidiges Tannin und fast schon geschmeidige Textur. Recht neu sind die roten Naturweine, die ohne spezifische Herkunftsangabe als “Wein aus Österreich” verkauft werden müssen, weil sie aufgrund ihres ungewöhnlichen Charakters in der Weinkontrolle auf wenig Gegenliebe stoßen: hellfarbig, trüb, kräuterig, frischsaftig, meist auffallend leicht in Alkohol und Auftreten, aber in Bestform mit einer umwerfenden Lebendigkeit und komplexer Aromatik ausgestattet. Und mit Mineralik. Aber die haben die besseren Weine aller denkbaren Stilrichtungen ohnehin gemein; sie kann - je nach Herkunft und Bodenbeschaffenheit - unterschiedlich ausfallen: kreidig, salzig oder auch eisenartig-metallisch. Manchmal alles zusammen.
Mehr als 200 Weine haben wir für dieses Special probiert, wobei wir uns auf Lagenweine und Reserven aus dem Burgenland und dem Carnuntum konzentriert haben. Die besten Weine stellen wir hier vor, aber nach Region getrennt auch mit den beiden oben verlinkten Gebiets-Artikeln. Links zu allen Weinen mit ausführlichen Verkostungsnotizen sowie ihren Erzeugern finden Sie am Ende der Listen. Alle Weine wurden mehrmals über mindestens zwei Tage blind in unserem Verkostungsraum in Erlangen probiert.