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Wie sehr Biowein vom mittlerweile globalen Bio-Boom profitiert, zeigten einmal mehr die erfolgreichen Anstellungen für den Internationalen Weinpreis der BioFach 2007: Mit 1.129 Weinen von 294 Winzern aus 13 Ländern ist auf der größten Bio-Weinfachmesse der Welt ein neuer Rekord erreicht worden (vgl. Wein-Plus-News vom 15.02.07: „Zehnmal Großes Gold für Bioweine”).

 

Ungebrochener globaler Bio-Boom - auch bei Bioweinen

Sensorik-Spezialist Martin Darting, der Degustation und Bewertung im Auftrag der Nürnberger Biofach leitet, konnte von einem geradezu atemberaubenden Anstieg der eingeschickten Leistungsnachweise der Biowinzer berichten: Präsentierten sich zu Beginn der Weinprämierung vor neun Jahren noch ca. 100 Weine von etwa 30 europäischen Winzern, waren es nach vier Jahren bereits ca. 300 Weine; vor zwei Jahren stieg deren Zahl dann bereits auf 495 an. Weitere steile Entwicklungssprünge konnten im letzten Jahr mit 777 Weinen und in diesem Jahr mit 1.129 Weinen verzeichnet werden - ein spektakulärer Zuwachs um 45 % gegenüber dem Vorjahr.

In einem mehrstufigen, überaus anspruchsvollen Degustations- und Bewertungsverfahren (www.bioweinpreis.de) konnten hohe und höchste Preise für Weine vergeben werden, die in besonderem Maße durch Herkunfts- und Sortentypizität, durch Aromatik, Charakter und Gehalt zu überzeugen wussten. Bei den Anstellungen hat sich mittlerweile der komplette Rebsortenspiegel etabliert; unter den überwiegend aus 2004 und 2005 stammenden Weißweinen ist es auch hier die Leitsorte Riesling, die sich analog der deutschen Rebsortenverteilung den größten Anteil sichern konnte.

 

10 mal Großes Gold - überzeugend in Typizität% Aromatik und Charakter

Bei den roten, vom Spätburgunder dominierten Sorten wurden vor allem Weine aus dem im Jahrhundertvergleich klimatischen Ausnahmejahrgang 2003 - häufig mit viel Alkohol, wenig Säure, aber auch reifen Phenolen - zur Bewertung eingereicht. Ihr Geschmacksprofil war dennoch überwiegend von Individualität, häufig von dichter, ausgeprägter Würzigkeit und sortentypischer, fruchtiger Aromatik geprägt; „internationales Styling” im Sinne wuchtiger, mit Röstnoten überladener Weine trat kaum in Erscheinung. Der noch minimale Anteil der neuen pilzwiderstandsfähigen Sorten ( „Piwis”) wird sich wohl bald deutlich steigern, wie Klaus Rummel, langjähriger Piwi-Experimentator mit Demonstrationsweingut in Landau-Nußdorf (2005 1. Platz beim Förderpreis Ökologischer Landbau des Bundesverbraucherministeriums) in einem BioFach-Vortrag überzeugend in Aussicht stellen konnte.


Trends und Tendenzen

Die Qualitätssprünge in der deutschen Biowinzer-Szene sieht Martin Darting vor allem bedingt durch den Generationswechsel: Die jungen Winzer erwerben häufig bereits in der Ausbildung, aber auch vor der Betriebsübernahme durch Praktika und Hospitanzen etwa in Südafrika oder Australien internationale Erfahrungen. Die in der Winzerlehre, aber auch in Geisenheim vermittelte Qualitätsorientierung zeige sich dann in der tendenziellen Abkehr der Winzer vom „Geschmacksmainstream”: Bestenfalls noch zwei Drittel aller Weine bewegten sich auf einer „Easy-Drinking”-Ebene, ein Drittel gehöre bereits einer gehobenen Qualitätsstufe an, die auch als „modernisierte Tradition” bezeichnet werden könnte.

 

Renate Künast informiert sich am Gemeinschaftsstand von Ecovin

Auch wenn die Qualitätssprünge allerorten unübersehbar geworden sind, erwartet Martin Darting die großen quantitativen Steigerungen im internationalen Biowein-Bereich an zunächst unerwarteter Stelle: Ein verstärktes Engagement „in den nächsten Jahren” sagt er vor allem für die Türkei, für Indien und China voraus; die Türkei beispielsweise verfügt aktuell bereits über ca. 590.000 ha Rebfläche (Deutschland ca. 104.000), darunter doppelt soviel bestockte Ökoweinfläche (ca. 4.000 ha) wie Deutschland. Während die deutsche Bio-Rebfläche stagniert und sich seit einigen Jahren bei ca. 2.000 ha eingependelt hat (vgl. z.B. www.ecovin.de), wächst sie im europäischen Ausland - vor allem Frankreich, Österreich, Spanien - stetig an.

Im Biowein-Segment scheint sich spiegelbildlich zu wiederholen, was sich bereits im unvergleichlich boomenden Markt für ökologische Lebensmittel abzeichnet: Große Nachfrage bei sich abzeichnenden Knappheitstendenzen. Zwar zeigt das Barometer des nun eindeutig nachhaltigen Umsatzes in der Biobranche für das 4. Quartal 2006 ein insgesamt zweistelliges Plus (Spitzenreiter mit 14,5 % sind die Bio-Supermärkte; Klaus Braun, Biohandel 3/07) - schließlich entsprechen Bioprodukte auf dem Teller und im Glas zunehmend einem reflektierten Lebensstil und einem vertieften ökologischen Bewußtsein, das nicht zuletzt von Lebensmittelskandalen und Klimawandel geprägt und motiviert wird.

Dennoch klafft zunehmend eine Schere zwischen Angebot und Nachfrage, besteht ein Missverhältnis zwischen den umsatzstärksten Märkten und deren Ausweisung eigener ökologischer Anbauflächen: In Europa oder Nordamerika hinkt - so die IFOAM (Internationale Vereinigung Ökologischer Landbaumethoden, zugleich Schirmherrin der BioFach) - schlicht „die Umstellung dem Marktwachstum hinterher” (Biowelt 2/07). Nicht anders sieht es für die deutschen Verhältnisse die Fachzeitschrift „Ökologie & Landbau” (Yussefi/Zerger, 1/07):  „Die Zahl der Biobetriebe in Deutschland stagniert fast, während sich die europäische und internationale Konkurrenz immer mehr Marktanteile auf dem wichtigen europäischen Absatzmarkt für Bio-Lebensmittel sichert”.

Ausgerechnet in Deutschland also - dem in Europa stärksten, daher auch meistumkämpften Markt für Öko-Produkte (2005 wurden alleine in Deutschland ca. vier Milliarden Euro umgesetzt) - werden die Märkte von schneller reagierenden ausländischen Erzeugern besetzt. Dies gilt auch für den Biowein: Dessen Markt ist von Großaufkäufern vor allem im Lebensmitteleinzelhandel und von Bio-Supermärkten geradezu „leergefegt” worden, konstatiert Peter Riegel, der als Marktführer unter den großen Biowein-Spezialisten im Fach- und gehobenen Lebensmitteleinzelhandel beispielhaft für eine Professionalisierung des Biohandels und der von ihm vertretenen Qualitäten steht.

 

Internationale Erzeuger sicher sich zunehmend Anteile am umsatzstärksten Markt für Bioprodukte - Deutschland

 

Da der deutsche Weinmarkt insgesamt „stabil” bleibt (so das Deutsche Weininstitut in seiner Statistik 2006/2007) und (zumal deutsche) Bioweine derart nachgefragt werden, dass sich erste Engpässe abzeichnen, geht deren Konsum offensichtlich auf Kosten der konventionell erzeugten Weine. Doch nicht nur das: Der anhaltend wachsende Bedarf muß von ausländischen Erzeugern gedeckt werden, da die deutsche Biowein-Produktion offensichtlich nicht Schritt halten kann - mittelfristig müssten deutlich mehr Rebflächen umgestellt werden. Dies dauert aber drei Jahre, und viele Winzer schrecken wegen des Aufwandes, der damit verbundenen Risiken, aber auch wegen der gekürzten Umstellungsförderung davor zurück. So haben Weine aus Österreich - etwa des österreichischen, bio-dynamisch arbeitenden Weingutes Michlits oder aus Griechenland - z.B. exklusive Bioweine von Reben am Berg Athos des Weingutes Tsantali - erfolgreich den Zugang zum deutschen Markt erlangt.

Der Bio-Boom dürfte sich jedenfalls auf absehbare Zeit fortsetzen - nicht allein in Australien, den USA und Europa, sondern mittlerweile auch offensiv im südostasiatischen Raum, so dass bereits eine eigene Bio-Messe als Tochter der Nürnberger Biofach demnächst ihre Premiere feiern wird: Nach den etablierten BioFach-Messen „America”, „América Latina”, und „Japan”  eröffnet am 31. Mai 2007 erstmals die „BioFach China”. Woher aber werden bei weiter steigender Nachfrage die Bioweine für die deutschen Weinliebhaber kommen? China, das ja bereits über 450.000 ha Rebfläche für konventionellen Anbau verfügt, könnte da sicherlich bald einspringen. Dennoch scheint es angesichts steigender Erzeugerpreise und einer immer größeren Zahl ökologisch arbeitender Spitzenwinzer Anlaß für Zuversicht zu geben: „Bio-Weinbau nimmt global weiter zu (...) Auch in Deutschland gibt es Anzeichen für Umstellungen” (Weinwirtschaft 3/07, Wolfram Römmelt). Die hiesige Flächenstagnation bei Biowein, dem Profiteur im globalen Öko-Boom, muß kein dauerhaftes Schicksal sein.


www.biofach.de
www.bioweinpreis.de
www.riegel.de
www.tsantali.gr
www.meinklang.at

Termin der nächsten BioFach: 21. bis 24. Februar 2008

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