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Ausgerechnet Bananen! Sie gehören als Aromen – nach gängigem Muster – nicht in den Wein. „Bananig“ ist in der Weinbewertung eher ein Schimpfwort denn eine Auszeichnung. Beim Chardonnay zwar noch knapp toleriert, bei sehr jungen Rotweinen ab und zu leider anzutreffen. Doch das das gibt sich: Bananenaromen verflüchtigen sich rasch. Darum der immer wieder gehörte Rat: wer bananige Weine liebt, der soll sie möglichst rasch trinken. Sonst ist sie weg, die Banane. Es sei denn, es handle sich um Pinotage, den südafrikanischsten aller südafrikanischen Weine.

Bananenplantagen in Südafrika

Südafrika ist durch die Fußballweltmeisterschaft auch der Wein-Welt näher gerückt. Mario Scheuermann, der deutsche Weinjournalist und Fußballenthusiast empfiehlt: „Mein Fußball-WM-Wein des heutigen Abends: Tukulku (ich nehme an, es sollte heißen Tukulu) Pinotage 2007 - saftig, fruchtig, süß, vergnüglich. Das „bananig“ lässt er weg, es würde wohl im Land der Rieslinge zu sehr auf Ablehnung stoßen. Zu Unrecht, meine ich. Zu den dominierenden Fruchtnoten des Pinotage gehört die Banane, wie auch die Bittermandel. Die imaginären Weinbananen dürfen aber nicht matschig, überreif und süß-dominant sein, genau so wenig wie grün, unreif und säurig. Der Tukulu-Pinotage gehört allerdings – nach meiner Erfahrung – eher zu den ernsthafteren, schwereren, um nicht zu sagen schwermütigen Pinotage-Weinen. Der Spaßcharakter liegt eher im Spiel der Fußballkünstler (wenn man nicht Italiener oder gar Franzose ist) als im begleitenden Wein, denn der Pinotage passt weit besser zur Kälte bei den Nachtspielen als zu sommerlichen Temperaturen vor den Bildschirmen in Europa.

An der Waterfront in Kapstadt. Auf der Suche nach dem besten Pinotage.

„Pinotage“ lässt sich in der großen Weinwelt schlecht verkaufen, hat man mir gesagt. Tatsächlich war auch für mich die vor rund achtzig Jahren an der Universität Stellenbosch gezüchtete Rebe und der daraus gemachte Wein bislang wenig vertraut. Ich kannte gerade noch den Namen und die Herkunft (eine Kreuzung aus Cinsault und Pinot Noir) und das Mutterland Südafrika. Mehr nicht.

Als wir dann, kurz vor der Weltmeisterschaft, auf Weinrouten in Südafrika unterwegs waren, interessierte mich vor allem das, was typisch südafrikanisch ist. Beim Wein eben der Pinotage. Ich ließ keine Gelegenheit aus, um gerade diesem Wein etwas näher zu kommen. Und ich kam ihm näher, so nahe, dass ich beim Schicksalspiel der schweizer Mannschaft gegen Honduras einen Pinotage einschenkte: „Carpe diem“ („nutze den Tag!“) vom südafrikanischen Weingut Diemersfontein. Doch es half alles nichts. Das Spiel ging unentschieden aus, die Mannschaft aber hat verloren, sie wurde zurückgeschickt, nach Hause. Geblieben sind in meiner Erinnerung nicht die 90 Minuten auf dem Spielfeld, sondern die Erfahrung mit dem Pinotage, verbunden mit all den Erinnerungen an ein für mich bis vor Monaten unbekanntes Weingebiet.

Fußball% zwar eine wichtige Nebensache der Welt. Am Horizont aber liegt Stellenbosch% das wichtigste Weingebiet von Südafrika.

Zwar konnte ich diesmal – der Wein war Jahrgang 2006 – die typischen Bananennoten, die ich auf meiner Pinotage-Entdeckungsreise immer wieder angetroffen habe, nicht entdecken, dafür aber meine Überzeugung festigen: der Pinotage ist viel besser als sein Ruf. Sogar die schweizerische Boulevardzeitung hat ihn – Weltmeisterschaft sei Dank! – als Thema entdeckt und getitelt: „Pinotage, eine Diva – oft grün und bananig.“ Auf unserer Reise habe ich sicher zwanzig oder mehr Pinotage degustiert und/oder getrunken. Das mit den Bananen stimmt, die „grünen Noten“ aber sind im Pinotage nicht häufiger anzutreffen als in andern südafrikanischen Weinen, die (allzu) oft mit dem natürlichen Reifungsprozess zu kämpfen haben: viel Hitze, viel Süße, bevor die physiologische Reife erreicht ist. Dies bewirkt häufig einen hohen Alkoholgehalt, ab und zu verbunden mit grünen Noten. Südafrikanische Weine – so meine Erfahrung – neigen dazu. Der Pinotage aber nicht häufiger als die vielen Assemblagen, die ich auf den Weingütern angetroffen habe.

Berühmte Weingüter sind vor allem stolz auf ihre Bordeaux-Blends. Zum Beispiel auf „Rubicon“ im Weingut Meerlust.

Bordeaux-Blends oder Südafrika-Blends stehen immer wieder im Mittlepunkt. Mir ist es vorgekommen, als wolle man jene Weine verstecken, die eigentlich nur in Südafrika gemacht werden. Ein Charakter, der einem Land oder einem Weingebiet zugeordnet werden kann – wie die Cuvée dem Bordeaux – ist mir allemal lieber als die Tausenden von Kopien eines Weinstils, der sich einfach gut verkaufen lässt. Will man allerdings nicht nur eigenständigen, sondern auch guten Wein trinken, Wein, der wirklich Genuss und Freude bereitet, dann muss man eben nach den besten Weinen suchen.

BILDU 348305.jpg,Das Weingut Saxenburg in Stellenbosch. Hier wird ein ausgezeichneter Pinotage gekeltert.,,468,238$$

Dies ist in Südafrika nicht anders als in jedem andern Weingebiet, also genau so, wie im Burgund oder im Bordeaux. Nur die Referenzen sind nicht die gleichen. Wenn im Bordelais das Maß der Dinge etwa Pétrus ist, im Burgund Romanée Conti, hat Südafrika weit weniger berühmte Namen und glanzvolle Güter vorzuweisen. Doch ein Pinotage von Kanonkop – zum Beispiel – ist eine Referenz und ein Beweis für enorme Eigenständigkeit. Auch den Pinotage von Laibach würde ich zu den guten Referenzen zählen, genau so wie jenen von Scali, von Spier, DeWaal, Saxenburg und Beyerskloof. Aber halt, da gerate ich ins Aufzählen. Mir geht es um etwas anderes: um das, was Pinotage liebenswert und genussvoll, eigenständig und charaktervoll macht. Das sind – in den Fruchtnoten – Bananen, neben Pflaumen, Kirschen, ja sogar Schokolade.

Viel zu süß, meckern meine Bordeaux-Freunde. Zu alkoholisch meinen Andere, zu wenig elegant sagen Dritte. Und so werden sie erledigt, die „feinen Bananen“ im Wein aus dem Land der Fußball-Weltmeisterschaft 2010. Beim Sieg der deutschen Mannschaft über ihre Erzrivalen aus England wird natürlich kein Pinotage, sondern ein Riesling aufgefahren, in der irrigen Meinung, Pinotage ließe sich frühestens im Herbst trinken und eigentlich nur zu Springbok, Kudu und südafrikanischem Bobotie.

 Unterwegs auf Spurensuche in den Weingebieten Südafrikas.

Ich weiß: bei uns kommen Bananen aus Kolumbien, Costa Rica oder Ecuador, Äpfel hingegen aus Südafrika. Diesmal aber bin ich nicht für Äpfel, sondern für südafrikanische Bananen, allerdings versteckt im Wein. Auch wenn sie nur einen Hauch ihres typischen Dufts verraten und eher an die weit weniger süße Kochbanane erinnern als an die reife, gelbe Frucht. Vielleicht geht es vielen Weinfreunden wie mir, der ich von jetzt an nicht mehr ausrufe: „ausgerechnet Bananen will man von mir“, sondern: „ausgerechnet Pinotage passt oft und immer wieder zu mir“.

Herzlich

Ihr/Euer

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