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Sauternes, die legendären Süßweine aus dem Bordeaux, genauer aus dem Bereich Graves, sind nicht nur für ihre Langlebigkeit bekannt. Nur aus den fünf Gemeinden Bommes, Fargues-de-Langon, Preignac, Sauternes und Barsac besteht diese Appellation, wobei Barsac eine eigene darstellt. Gerade einmal 1700 Hektar groß ist das Gebiet, aus dem diese Weine kommen. Eine grandiose Probe nur aus den Jahren 1928/29 stand mir bevor. Der Sauternes-Himmel auf Erden.

Eine grandiose Probe nur aus den Jahren 1928/29
Ein Fazit der unzähligen Verkostungen alter Sauternes-Weine könnte lauten: „Fast immer waren sie ein Genuss oder zumindest noch schön zu trinken - selten ungenießbar.” Mal von korkigen Weinen abgesehen. Viele große Weine waren dabei und sind immer noch im Gedächtnis geblieben als einzigartige Wein-Erlebnisse. Ein bisschen Demut und Respekt ist dabei, wenn man Weine verkostet, die wahrscheinlich älter sind als man selber je wird. Ohne Zweifel steht ein 1921 D’Yquem viel besser da, als ich in dem Alter.

Das Faszinierende an alten Sauternes ist, dass auch kleinste und unbekannte Chateaus, auch in miserablen Jahren, oft von überraschender Qualität sind. Sie kommen frisch mit stützender Säure und eher wenig spürbarer Süße daher - einfach noch schön zu genießen.

Was ich aber am 8. Juni 2006 mitprobieren durfte, stellt alles an Sauternes-Weinen in den Schatten, was ich bis dato probiert habe. Es waren 15 Weine aus 1928 und 26 Weine aus 1929. Insgesamt also 41Weine in rund drei Stunden. Eine harte, aber wunderschöne Arbeit. Beide Jahrgänge sind mit 1906, 1921 & 1937 die Creme de Tete der großen Sauternesjahre. Meine persönliche Wertung sieht die Jahrgänge 1921 gefolgt von 1929, 1937 & 1928 vorne.

1928 gilt als der schwächere von beiden, wobei schwach in diesem Zusammenhang fast schon dekadent klingt. 1928 ist eher der filigranere Jahrgang, wobei 1929 den konzentrierteren und wuchtigeren darstellt. Beide sind auf ihre Weise einzigartige Jahrgänge. 1929 hat massive Weine zustande gebracht, mit einer enorm dichten und komplexen Süße, die sehr langlebig sind. 1928 sind die eleganteren, weniger hoch in der Restsüße, aber auch mit einer niedrigeren Lebenserwartung. Man findet hier öfters als in 1929 Weine die ihren Zenit schon überschritten haben.

Veranstaltet und zusammengestellt wurde die Probe von Jürg Richter, ein im positivsten Sinne „Sauternes-Bekloppter”. Wenn auf jemanden die Bezeichnung Freak passt, dann auf ihn. Keiner, der seine riesengroße Sauternes-Erfahrung vor sich her posaunt, sondern der sie eher im Stillen mit Weinfreunden teilt.
 
Da kann es schon mal passieren, dass er kurzerhand ein paar alte Sauternes aufmacht. Will heißen: 60-jährige Weine werden am Samstagmittag einfach mal so aufgetischt, wenn man bei ihm zu Besuch ist. Nicht um zu zeigen, was der Keller alles hergibt, sondern einfach, weil er liebend gern mit Freunden seine Leidenschaft teilt. Regelmäßig, so um den April jeden Jahres, stellt er eine Raritätenprobe zusammen, von denen es auf der Welt nicht so viele gibt. 2005 war der Jahrgang 1937 das Thema, in 2007 wird es eine Guiraud-Jahrhundert-Degustation von 1874 bis 1990 geben. An die 50 Weine werden da zu verkosten sein. So gibt es jedes Jahr ein Süßwein-Highlight, auf das ich mich freue wie unser Sohn auf Weihnachten.

Jerder für sich ist eine Reise wert
Diesmal ging es also um den Vergleich der beiden Jahrhundertjahrgänge 1928 und 1929. Jeder für sich schon „eine Reise Wert”,  aber zusammen in einer Probe, das ist schon was sehr Außergewöhnliches. Wie immer bei solchen Proben merkt die Familie, dass ich aufgeregter werde je näher die Probe kommt. Auch nach unzähligen Weinverkostungen kommt ein Kribbeln und ein herrliches Aufgeregtsein zum Vorschein - etwas halt von einem Kind, das endlich das lang ersehnte Spielzeug bekommt. Unter den glücklichen sind Profis wie Rene Gabriel bis hin zu Weinliebhabern, die noch nie einen Sauternes getrunken haben, der älter als zehn Jahre war. Moderiert wurde diese Probe von Jürg Richter, mit rustikal ehrlichen Kommentaren von Rene Gabriel, die den ein oder anderen zum Schmunzeln brachten.

Ich versuche mich immer, in den hintersten Winkel zurück zu ziehen, um möglichst in Ruhe verkosten zu können. Nur diesmal hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht, beziehungsweise habe ich schlichtweg nicht richtig hingeschaut, als ich mich gesetzt hatte. Als es später langsam ans Einschenken ging stellte ich fest, dass für meinen Platz keine Gläser eingedeckt waren. Die einen hatten schon die erste Serie im Glas, da war bei mir noch nicht einmal ein leeres in Sicht. „Ich schaue, was ich machen kann”, teilte mir die Servicekraft ein bisschen lapidar mit -  das hat mir dann sehr geholfen.  So langsam wurde ich doch etwas nervös, bis dann die Gläser doch noch kamen. Es wurde in Sechser-Serien blind verkostet, direkt danach wurden die Namen bekanntgegeben. Die Meinungen gingen bei einigen Weinen weit auseinander, selbst oder gerade unter den Fachleuten.  Das einige Jahrhundertweine darunter waren, stand außer Zweifel. Auch deswegen ist solch eine Probe immer etwas, bei der man etwas dazulernt.

An Jürg Richter mein herzlichstes Dankeschön!

Ein Überblick der Weine:

1928

1929

 

Caillou

d’Arche Lafaurie

Pajot (Enclave d’Yquem)

Climens

Bastor Lamontagne

La Pinesse

Coutet

Caillou - Crème de Tète

Rabaud Promis

Filhot

Climens

Raymond Louis

Guiraud

Coutet

Rayne Vigneau - Crème de Tète

Lafaurie - Peyraguey

Dauphine - Rondillon

Ricaud (Luopiac)

Magence

Doisy

Rieussec

Raymond Louis

Domaine de la Floret

Roumieu

Rayne Vigneau

Filhot

Suduiraut

Rieussec

Guiraud

La Tour Blanche

Sigalas Rabaud

Hauouilly

D’Yquem

Suduiraut

Lamothe

 

La Tour Blanche

Liot (Haut Barsac)

 

Vieux Sauternes

De Malle

 

D’Yquem

Monbazillac ( Reserve de Theulet)

 

 

Verkostungsnotizen - nicht alle Weine sind hier aufgeführt


1928

Caillou: Herrliche Nase nach Pinienhonig, feinster Melasse, Schoko & Rosinen. Am Gaumen elegant & cremig zugleich, tolle Balance, samtene Struktur, Creme Brulée, Vanille, wird im Glas immer besser. Klasse.

Climens: Hatte Kork, hinter dem Kork war er am Gaumen voll - kräftige säure - Rosinen - sehr lang. Schade!

Coutet: Volle & fette Nase, dunkelster Pinienhonig, Espresso, pure Rosinen & Korinthen, tief & komplex, unglaublich. Am Gaumen wuchtig & dicht, geniale animierende Säure, Riccola Kräuterzucker in reinster Form plus alles, was man finden will - Perfekt! Hält noch ewig.

Filhot: Zwieback, gebrannter Toast, Brioche, sehr elegant aber untypisch wirkend. Am Gaumen bitter, kurz, stumpf, scharf...eher nicht.

Guiraud: Fast untrinkbar, Schimmel, oxidiert, säuerlich. Schlechte Flasche?

Lafaurie - Peyraguey: Braucht Zeit & Luft, helles kandiertes  Obst, elegant & cremig wirkend, Orangenschale & reifes Birnenmus, eher Finesse als Power. Am Gaumen tolle Balance, seidig, Stil, Finesse, eine frische aber feingliedrige Säure, sehr lang & wird besser mit der Zeit. Klasse.

Rayne Vigneau: Anfangs etwas käsig, Touch flüchtige Säure, dann ganz dunkler Waldhonig, gebrannte Mandeln, kandierte helle Früchte. Am Gaumen recht gute Säure, wuchtig, ganz gute Balance, nicht der große Wein, aber gut.

Rieussec: Absolut enttäuschend - dezent, Gerste, wenig tiefe, flüchtige Säure. Am Gaumen flach, stumpf, kurz, schleichender Kork? Gut möglich.

Suduiraut: Dezente Eleganz, feinste Vanille & heller Honig, Creme Brulée & ein ganz delikates Malz. Am Gaumen Eleganz pur - Balance - Samt & Seide. Ganz großer Wein, Perfekt!!

La Tour Blanche: Wenn Suduiraut die Eleganz ist, dann ist der Blanche der Kraftsportler. Dicke kompakte Nase, konzentrierte Melasse - Rosinen - Feigen, ein Touch von Muskat. Am Gaumen dicht - voll - Power - ätherisch, extrem lang...lebt noch ewig. Alles im Übermaß vorhanden. Perfekt !

Vieux Sauternes: Ein Beispiel eines ganz unbekannten Weines, der nicht groß ist, aber noch sehr schön zu trinken war. Nicht der längste, aber einfach noch gut.

D’Yquem: Dezent, Korn & etwas Brioche, Pistazien & Orangenschale, wirkt eher leicht und elegant. Gut bis sehr gut am Gaumen, leicht scharfe Säure, auch hier helles Korn, Brot, Vanille, etwas flach wirkend, gute Balance, eher elegant, sehr schöner, aber kein großer Wein. 


1929

d’Arche Lafaurie:
Likörartige Nase, flüssiges Riccola -Kräuterzucker, Rosinen, extreme Konzentration, Pinie pur - eine wahnsinnige Nase. Am Gaumen geht es so weiter - Power, volle dicke & konzentrierte Süße mit einer satten Säure als Partner. Alles, was man bei einem Sauternes erwartet, ist zur Genüge vorhanden. Perfekt!

Caillou - Crème de Tète: Eher dezent, feine Melasse, feiner Ansatz von Feigen & reifen Trauben. Am Gaumen sehr elegant, mit Schmelz, schöne rassige Art, helles Butterscotch, feine Vanillecreme, feingliedrig & mit Finesse, langer komplexer Abgang. Klasse.

Climens: Offene, feste Nase, Schoko-Crème, Espresso, würzig, Kräuter, eigene Nase. Am Gaumen eher wuchtig, mit Druck, satte Süße mit einer passende Säure, konzentriert, feines Malz & kandierte Nüsse. Klasse.

Coutet: Anfangs dezent (braucht Luft), Rosinen, Gerste, kühle ätherische Kräuter, etwas Brioche. Am Gaumen tolles Süße - Säure Spiel, sehr animierende Säure, wieder die Aromen der Nase, sehr elegant & Finessenreich, eine Ballerina, Stil: Hervorragend!

Dauphine - Rondillon: Melasse wie ein reinsortiger Pedro Ximenez -Sherry, sehr dunkle Aromen mit einer kleinen Oxidationsnote, Pflaumenmus, Teer, Lakritze, unheimlich tief & komplex, wurde sehr schlecht bewertet - wenn man diese Art des Sherrys kennt, sieht man es anders. Am Gaumen extrem süß, fast schon etwas pappig, eigen, braucht zwei Tage in der Karaffe. Absolut kein typischer Sauternes, aber ein klasse Wein. Mit dieser Meinung war ich eher alleine...

Guiraud: Ätherische Nase, würzig, sogar etwas Pfeffer, Minze, Zuckerrübensirup, frische Kräuter der Berge, sehr eigen, aber wunderschön edel. Am Gaumen ein Abbild der Nase plus Sahne, Creme Brulée, feine, fast schon verspielte Struktur, wunderbar elegant, eine grazile, aber bestimmte Persönlichkeit. Hervorragend! Auch hier kontroverse Meinungen über diesen Wein.

Liot (Haut Barsac): Sehr eigen, kalter Rauch, Asche, geräucherter Speck, getrocknete Datteln. Am Gaumen frische Säure, deutliche Mineralität, Süße fehlt etwas, schön zu trinken. Toll.

De Malle: Schlanker rassiger & frischer Sauternes, lang & sehr gut.

Monbazillac (Reserve de Theulet): Scharf, medizinal, kurz, Hustensaft.

La Pinesse: Getrocknete Feigen & Datteln, kandierte Ananas, Lavendelhonig, auch etwas Kräuterlikör, wird besser mit Luft, sehr komplexe Nase. Am Gaumen eine klare Säure mit einer dichten cremigen Süße, sehr offen wirkend, viskos, gebrannte Mandeln mit Butterkaramel, sehr langer & voluminöser Abgang, für mich die Überraschung - kannte das Chateau nicht. Genial so eine Entdeckung.

Rabaud Promis: Eine Farbe wie Espresso - unglaublich! Hoch konzentrierte Aromen von Mokka - Bitterschokolade - süßliches feinstes Malz, zusammen mit puren Rosinen - getrockneten Datteln & Feigen, wirkt fast wie eine TBA in Bestform, zusätzlich mit dem Alkohohl & der Säure eines Sauternes, der Wein steht, vielmehr nagelt sich förmlich am Gaumen fest. Dieser Wein lebt sicher noch 40 Jahre!! Wahnsinn!!!

Rayne Vigneau - Crème de Tète: Anfangs etwas dumpfe Nase - legt sich aber, dann eher dezent nach Korinthen & gebranntem Zucker, dunkler Honig im Hintergrund, wirkt vornehm. Am Gaumen herrliche Süße - Säure Balance, samtene Art, vereint Dichte & Eleganz, wieder eine Ballerina. Hervorragend.

Ricaud (Luopiac): Orientalische Gewürze, etwas Muskat, Pinienhonig & ein Touch von getrockneten Aprikosen. Am Gaumen tolle Süße gepaart mit frischer Säure, frische Feigen & auch Pflaumen (?), gewisse Rasse, toller Wein von einem Chateau, was ich bis dato nicht kannte. Klasse.

Rieussec: Feines Riccola, ätherisch ölige Komponente, wirkt elegant & edel, auch Creme Brulée. Am Gaumen elegant - Finesse - feingliedrige, aber dichte Struktur, spürbare Mineralik. Sehr langer & sahniger Abgang. Hervorragend.

Suduiraut: Eher dezente Nase - Wolf im Schafspelz, wie sich beim ersten Schluck rausstellte. Am Gaumen eine gewaltige  Süße, eine unglaubliche Struktur - wie eine Kathedrale,  eine pure Essenz eines Sauternes, TBA, pure Rosinen, passende Säurestruktur dazu, ein Wein, der einem dem Atem raubt. Monumental ist das richtige Wort - aber dieser Wein ist nicht in Worte zu packen & das Ding ist schon 77 Jahre alt........Dieser Wein hält sich noch weitere 40 bis 50 Jahre!! So etwas habe ich noch nie getrunken.

La Tour Blanche: Offen & locker gewirkte Nase, Karamel, Pinie, Waldhonig, sehr tief mit malzigem Hintergrund - eine wunderschöne Sauternes-Nase. Am Gaumen Kraft, dichte Süße, wuchtig, wirkt sehr frisch. Kommt mir fast etwas aufgesetzt vor, ein absolut klasse Wein  - leider hab ich versäumt zu schauen, ob neu verkorkt wurde. Vielleicht kommt daher die Frische?

D’Yquem: Sehr konzentriert, ganz dunkler Honig, Melasse, feinstes englisches Karamel, baut sich enorm im Glas aus, etwas Espresso & Mokka - herrlich. Am Gaumen ein grandioser Wein, wieder Espresso & ganz dunkles Karamel, etwas Kräuterlikör, sahnig, reife, aber dichte Säure, sehr komplex. Vereint Dichte & Finesse, wirkt samtig, seidig, extrem langer & „feinster” Abgang. Ein Adonis als Wein....komplett ...nahezu perfekt!

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