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Ist, wer seinen Wein nicht im Supermarkt , oder besser im Discounter kauft, nun wirklich dumm? Ist er ein unverbesserlicher Snob? Können die großen Discounter - allen voran ALDI - durch ihre Einkaufs- und Vermarktungspolitik wirklich gute Qualität zum niedrigsten Preis anbieten?

Zumindest wird das von einem guten Teil der Weintrinker in Deutschland offenbar so gesehen und vielen Leserbriefen nach zu urteilen hat diese Überzeugung bei Einigen schon Religionsstatus. Mancher Discountkunde reagiert auf jede Kritik an den in seinen Schnäppchentempeln angebotenen Weinen äußerst empfindlich.

Dabei liegt den Testern selten etwas daran, eine Einkaufsquelle pauschal zu verdammen, geschweigedenn den Leuten vorzuschreiben, was und wo sie einzukaufen haben. Auch bei unseren Tests geht es schlicht darum, die Qualität der angebotenen Produkte einer genauen Prüfung zu unterziehen.

Doch auch wir nehmen uns Kritik sehr wohl zu Herzen. Nicht zuletzt deshalb haben wir bei unserem aktuellen Test nicht nur die Weine von ALDI Nord und Süd berücksichtigt, sondern auch die Sortimente zweier Konkurrenten: einem Nürnberger Importeur und Händler sowie einem Weingut von der Nahe. Von beiden wurden - genau wie bei ALDI - alle Weine unter 5 Euro eingekauft. Die Proben wurden von Testkäufern besorgt und unkenntlich gemacht, so dass keiner der Verkoster eine Ahnung haben konnte, was er gerade im Glas hat.

Um bei dem ganzen Unternehmen den Verdacht gar nicht erst aufkommen zu lassen, hier urteilten abgehobene Snobs über Weine, die sie von vorneherein nicht für würdig befinden, überhaupt getrunken zu werden, wurde die Jury auch mit privaten Weinfreunden besetzt, die selbst regelmäßig Weine in der genannten Preislage konsumieren. Professionell mit der Verkostung von Wein beschäftigt ist neben dem Autor nur ein weiterer Teilnehmer.

Das Ergebnis der Probe ist relativ deutlich. Während ALDI Nord und Süd mit einem Notendurchschnitt von etwas über 68 Punkten deutlich unter der Grenze für empfehlenswerte Weine blieb (die bei etwa 75 Punkten liegt), lagen die Produkte des Nürnberger Händlers im Durchschnitt um knapp 7, die des Weinguts sogar um knapp 10 Punkte höher. Nicht verhehlen wollen wir dabei jedoch auch den deutlichen Preisunterschied. Während im Fachhandel und beim zuverlässigen Winzer Weine unter 4 Euro eher selten (bei unseren Beispielen überhaupt nicht) anzutreffen sind, beginnen die Preise im Discount bereits bei etwa einem Euro. Nur ist eben auch nur ein Euro schon zu viel, wenn der Wein miserabel ist. Immer noch ist ein bedeutender Teil der bei ALDI angebotenen Weine von ungenügender bis kaum akzeptabler Qualität. Dabei konnten wir keinen signifikaten Unterschied zwischen den beiden ALDI-Ketten Nord und Süd feststellen.

Keine Frage, auch unter zum Teil deutlich teureren Weinen aus dem Fachhandel oder direkt vom Winzer trifft man immer wieder auf sehr schwache bis ungenießbare Weine, doch die Durchschnittsqualität liegt zumeist erheblich höher und das eben auch in Preislagen, die niemanden ruinieren, wie auch unser Test beweist. Und es gibt eine Preisgrenze, unter der ordentliche Qualitäten beim besten Willen nicht produzierbar sind, auch wenn das Mancher nicht wahr haben will.

Da ist es umso erfreulicher, dass einige Weine für weniger als 2 Euro mit zumindest ordentlichen Qualitäten auffielen. Dabei handelt es sich zumeist um Weine des aktuellen Jahrgangs, die erst vor Kurzem auf den Markt kamen und bei unserer letzten Verkostung daher noch nicht vertreten waren. Hier kann man in der nächsten Zeit durchaus das eine oder andere Schnäppchen machen, jedoch wahrscheinlich nur, wenn man sich beeilt. Denn selten gibt es von den Weinen nur eine einzige Abfüllung und die Nächste kann erfahrungsgemäß wieder erheblich schwächer ausfallen. Auch ist die Entwicklungsfähigkeit der meisten Weine äußerst begrenzt; sie müssen in der Regel jung getrunken werden. Schon im Hochsommer kann ein Müller-Thurgau, der jetzt sauber und süffig schmeckt, alt und gebrechlich werden.

Dabei haben deutsche Gewächse häufig noch eine höhere Lebenserwartung als ihre italienischen Konkurrenten. Bei Soave, Pinot Grigio und Co. ist man auch mit höherpreisigen Weinen nicht vor Enttäuschungen gefeit, wenn man sie zu lange aufhebt. Da diese Weine in den meisten Fällen zum jung trinken gemacht sind, ist man auch im Fachhandel gut beraten, zum jüngsten Jahrgang zu greifen, oder zumindest vorher zu probieren. Ganz anders sieht die Sache bei den Weinen direkt vom Winzer aus, sofern man einen Guten an der Hand hat. Die Rieslinge von Adelseck aus 2001 waren mit Abstand die frischesten und reintönigsten Weißweine der Probe.

Einen Anteil am schnellen Niedergang vieler Weine haben nicht selten auch die verwendeten Korken. Vor allem die billigen Weine werden häufig mit einfachen Konglomeratkorken verschlossen, deren Ausfallquote eklatant über der mit normalem Kork liegt. Am sichersten fährt man hier mit der Schraubkapsel, die einen zumindest von der Verschlussseite her vor unschönen Überraschungen schützt.

Die Probe fand am 16. April in den Redaktionsräumen von wein-plus in Erlangen statt. Die Weine wurden blind, nach Weinart und Alkoholgehalt aufsteigend gekostet. Die Noten entsprechen dem Durchschnitt aller abgegebenen Wertungen. Wo diese stark untereinander abwichen, wurde kein Durchschnitt ermittelt sondern die Punktespanne angegeben. Alle Verkostungsnotizen stammen vom Autor.

In den Test gingen folgende Weine ein:

  1. Alle Weine bis 5 Euro von ALDI Nord, Bitterfeld, Niemegker Str. am 10.4.2003 (Testkäufer)
  2. Alle Weine bis 5 Euro von ALDI Süd, Erlangen, Gundstr. am 15.4.2003 (Testkäufer)
  3. Alle Weine Karl Kerler bis 5 Euro, Nürnberg, am 15.4.2003 (Testkäufer)
  4. Alle Weine Carl Adelseck bis 5 Euro, am 9.4.2003 durch Testkäufer direkt beim Erzeuger bestellt.


Die Teilnehmer waren:

 


Korkfehler: 2
Wegen sonstiger entstellender Mängel nicht veröffentlichte Weine: 4

Anmerkung:
Bei der Beschreibung von Geschmackseindrücken wird häufig mit Analogien gearbeitet, die keine Rückschlüsse auf tatsächliche Inhaltsstoffe zulassen.

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